Das Gebot der Aufklärungspflicht aus § 8 MBO-Ä überschneidet sich mit den zivilrechtlichen Vorgaben in § 630e Abs. 1 und 2 BGB, der eine Aufklärung der Patient*innen über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände verlangt.
Im Rahmen der Fernbehandlung ist insbesondere folgendes zu beachten:
Es ist darauf hinzuweisen, was die Fernbehandlung im konkreten Einzelfall von der Behandlung im persönlichen Kontakt unterscheidet, zum Beispiel, dass sie von der Qualität der Daten- bzw. Informationsübermittlung des jeweiligen Kommunikationsmediums abhängig ist.
Aufzuklärende Umstände sind beispielsweise Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie.
Nach § 630e Abs. 1 BGB ist zudem auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.
Grundsätze der Rechtsprechung zur sogenannten Neulandmethode besagen, dass Patient*innen auch auf die Gefahr von Gesundheitsschäden hingewiesen werden müssen und das Bewusstsein zu schaffen ist, dass auch das Ausmaß grundsätzlich bekannter Risiken wegen der Neuheit des Verfahrens nicht zuverlässig eingeschätzt werden kann.
Nach Behandlungsvertragsrecht muss die Aufklärung nach §630e Abs. 2 BGB mündlich erfolgen und kann sich dabei ergänzend auf Unterlagen in Textform beziehen. Durch eine fehlende Legaldefinition der „Mündlichkeit“ im BGB ist eine „fernmündliche“ Aufklärung hierdurch nicht ausgeschlossen. In der Gesetzesbegründung zu §630e BGB wird darauf hingewiesen, dass eine Aufklärung zumindest in einfach gelagerten Fällen auch per Telefon erfolgen kann. Wenn das Gespräch nicht per Telefon, sondern in einem Video-Chat geführt wird, bestehen noch weniger Defizite im Vergleich zum allgemeinen Aufklärungsgebot, da der Behandler auch nonverbale Äußerungen der Patient*innen erkennen und berücksichtigen kann. Eine Aufklärung ausschließlich über E-Mail-Kommunikation oder in einem Chat-Programm ohne sprachliche Unterstützung genügt den Aufklärungsanforderungen dagegen nicht.
Die Aufklärung soll Patient*innen ermöglichen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Im Ergebnis kann dies auch bedeuten, dass sich Patient*innen für eine Behandlung im persönlichen Kontakt statt einer Fernbehandlung entscheiden.