Was ist Digital Health?

Unter Digital Health fasst man für gewöhnlich Anwendungen zusammen, die zur Unterstützung der Behandlung und Betreuung von Patient*innen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen. Digital Health umfasst die Übertragung von Gesundheitsdaten und Gesundheitsinformationen, die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen auf elektronischem Wege sowie die Vernetzung aller Akteur*innen im Gesundheitswesen im Bereich der Kommunikation und Dokumentation.

Ziel ist es, durch den Einsatz von Computertechnologien, intelligenten Geräten, computergestützten Diagnosetechniken und Kommunikationsmedien, Patient*innen und Beschäftigten in Gesundheitsberufen beim Umgang mit Krankheiten und Gesundheitsrisiken zu unterstützen sowie Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern.

Digital Health stellt hier den Oberbegriff dar. Es umfasst den Begriff E-Health sowie Teilgebiete der Computerwissenschaften in den Bereichen Big Data und KI.

Der Begriff E-Health ist etwas enger gefasst. Bei E-Health geht es meist um die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen bei professionellen Gesundheitsdienstleistern wie Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzt*innen. Das Ziel besteht darin, die Effizienz, die Qualität und die Sicherheit der Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Telemedizin

Telemedizin kann in das Spektrum von E-Health eingeordnet werden und ist ein Sammelbegriff für verschiedenartige ärztliche Versorgungskonzepte, die als Gemeinsamkeit den prinzipiellen Ansatz aufweisen, dass medizinische Leistungen der Gesundheitsversorgung in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilitation sowie bei der ärztlichen Entscheidungsberatung über räumliche Entfernungen oder zeitlichen Versatz hinweg erbracht werden. Hierbei werden Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt.

Im Bereich der Telemedizin unterscheidet man zwischen vier grundlegenden Methoden:

Zwei-Wege-Live-Interaktion zwischen einer Person (Patient*in, Pflegepersonal oder Ärzt*in) und Ärzt*in unter Verwendung audiovisueller Telekommunikationstechnologie. Früher waren diese Videokonferenzen ausschließlich telemedizinische Gespräche von Ärzt*in zu Ärzt*in. Viele Anbietenden verbinden heutzutage jedoch auch Patient*innen und Ärzt*innen täglich miteinander.

Übertragung von Videos und digitalen Bildern über ein sicheres, elektronisches Kommunikationssystem. Im Gegensatz zu einem „Echtzeit“-Besuch bietet dieser Dienst den Zugriff auf Daten, nachdem diese erfasst wurden. Im Allgemeinen zeichnen Ärzt*innen diagnostische Informationen wie Röntgenaufnahmen, CT-Scans am Pflegeort der Patient*innen auf oder erfassen diese. Danach senden sie diese Spezialist*innen an einem anderen Ort zu. Aufgrund der Zeitverzögerung zwischen der Übertragung des Bildes und seiner Interpretation wird diese Methode oft als „asynchron“ bezeichnet.

Erfassung persönlicher Gesundheitsdaten und medizinischer Daten einer zu behandelnden Person an einem Ort, welche im nächsten Schritt zum ärztlichen Fachpersonal an einem anderen Ort übermittelt werden. Die Patient*innenfernüberwachung hilft Ärzt*innen und Patient*innen vor allem bei der Bewältigung von chronischen Erkrankungen. Es werden Geräte verwendet, um Informationen zu übertragen, einschließlich Vitalstatistiken wie Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffgehalt des Blutes.

mHealth umfasst Smartphone-Apps zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden. Diese Apps bieten eine breite Palette von gesundheitsbezogenen Hilfestellungen. Beispielsweise werden gezielt Textnachrichten versendet, um gesundes Verhalten zu fördern. Zudem sind Warnungen über Krankheitsausbrüche und Erinnerungen, die Patient*innen dabei helfen, bestimmte Pflegepläne einzuhalten, möglich.

Wie sieht eine telemedizinisch unterstützte Versorgung aus?

Die telemedizinisch unterstützte Versorgung kann viele Formen annehmen.

Einige Beispiele sind:

  • Ferndiagnose von Schlaganfällen zur Unterstützung des rechtzeitigen Einsatzes von thrombolytischen (gerinnselauflösenden) Wirkstoffen, um die Morbidität und Mortalität zu reduzieren, die Patientenergebnisse zu verbessern und die Gesamtversorgungskosten zu senken
  • Bereitstellung telemedizinisch unterstützter geburtshilflicher Dienste für Frauen mit hohem Risiko für komplizierte Schwangerschaften, welches möglicherweise zu verbesserten klinischen Ergebnissen, geringeren Säuglingsmorbiditäts- und sterblichkeitsraten, einer Verringerung der Anzahl der Tage auf der Intensivstation für Neugeborene und niedrigeren Pflegekosten führt
  • Fernüberwachung von Gewicht, Blutdruck und Blutzucker zur besseren Behandlung chronischer Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Diabetes, Bluthochdruck und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung
  • Einsatz digitaler Mammographie, virtueller Tumorboards und Fernzugriff auf klinische Studien zur Verbesserung der Krebsversorgung

Digitale Dokumentationsservices im Rahmen des Ärzt*in/Patient*in-Kontaktes

Zur Administration im Ärzt*in/Patient*in-Kontakt werden zunehmend digitale Dokumentationsservices eingesetzt. Dies resultiert unter anderem daraus, dass Patient*innen sich mehr digitale Gesundheitsangebote und Autonomie wünschen. Weiterhin hängt die Gesundheit der Patient*innen davon ab, dass die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Datenverfügbarkeit macht das Leben des einzelnen Menschen demnach sicherer und kann im Notfall lebensrettend sein. Somit ist die digitale Dokumentation im Rahmen eines zukunftsfähigen Gesundheitswesens elementar.

Digitale Dokumentationsservices im Rahmen der Telematikinfrastruktur

Die elektronische Patientenakte (ePA) stellt eine wichtige Informationsquelle für verschiedene Akteure im Gesundheitswesen dar und gilt als lebenslange Akte für die Patient*in. Es wird eine Vernetzung von Versicherten, Apotheken, Ärzt*innen sowie Krankenhäusern ermöglicht. Seit dem 1. Januar 2021 können alle gesetzlich Versicherten eine ePA ihrer Krankenkassen erhalten, in der medizinische Befunde und Informationen aus vorhergehenden Untersuchungen und Behandlungen über Praxis- und Krankenhausgrenzen hinweg umfassend gespeichert werden können. Hierbei können die Versicherten über eine App der Krankenkasse einen Zugang zu ihrer elektronischen Krankenakte erhalten. Grundsätzlich ist die Nutzung der ePA für Versicherte freiwillig. Daneben ist es Versicherten selbst überlassen, welche Daten in der ePA gespeichert werden und ob eine selektive Löschung bereits bestehender Daten erfolgen soll. Bevor Ärzt*innen auf die ePA zugreifen können, muss die zu behandelnde Person den Zugriff bewilligen und es muss eine technische Zugriffsfreigabe, beispielsweise durch einen PIN, stattfinden.

Mit KIM wird der einheitliche Standard für die elektronische Übermittlung von medizinischen Dokumenten sichergestellt. Es ermöglicht den sicheren Versand von wichtigen Dokumenten und Nachrichten per E-Mail. Zu den Bausteinen der KIM zählt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) sowie das elektronische Rezept (eRezept).

Bald gibt es einen TI-Messenger, mit dem Kurznachrichten ortsunabhängig im medizinischen Alltag versendet werden können und die Kommunikation erleichtern soll.

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) gilt seit dem 1. Januar 2015 ausschließlich als Berechtigungsnachweis, um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen zu können. Der Zugang zu relevanten Informationen über Diagnosen und Therapien der Patient*in wird erleichtert. Dies soll dazu beitragen, dass sich die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert. Das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) dient dazu, die Versichertenstammdaten auf der eGK aktuell zu halten, indem eine Onlineprüfung und -aktualisierung erfolgt.

Der eHBA als personenbezogene Chipkarte ist für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzt*innen, Zahnärzt*innen und Physiotherapeut*innen, auch auch für Krankenhäuser im Rahmen des Entlassmanagements verpflichtend.

Elektronische Arztbriefe können direkt aus dem Verwaltungssystem versendet und empfangen werden. Daneben kann der eArztbrief auf der ePA gespeichert werden.

Eine weitere Anwendung ist der elektronische Medikationsplan (eMP), welcher die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern soll, indem Wechselwirkungen vermieden werden. Es wurde gesetzlich geregelt, dass Versicherte, die drei oder mehr verordnete Arzneimittel einnehmen, einen Anspruch auf einen Medikationsplan in Papierform (Bundesmedikationsplan) haben. Die Regelung wurde dahingehend konkretisiert, dass dabei nur solche Arzneimittel relevant sind, deren Einnahme über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen erfolgt. Die Speicherung des Medikationsplanes auf der eGK ist zudem seit 2020 möglich.

Mit dem Notfalldatenmanagement (NFDM) sind wichtige Daten im Notfall verfügbar. Um den Notfalldatensatz anzulegen, muss zunächst eine Aufklärung über das NFDM erfolgen und eine Einwilligung der Patient*in ist einzuholen. Danach können relevante Informationen über den Notfalldatensatz ausgewählt und der Datensatz elektronisch signiert werden. Abschließend wird der Notfalldatensatz auf der eGK gespeichert. Der Notfalldatensatz darf nur bei einem medizinischen Notfall von Ärzt*innen, Notfallrettungskräften oder anderen Personen, die einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) besitzen, eingesehen werden. In diesem Fall ist das Lesen des Notfalldatensatzes auch ohne die Zustimmung der betroffenen Person möglich.

MIOs sind digitale Informationsbausteine mit medizinischen Daten und sollen die Kommunikation im Gesundheitssystem verbessern sowie standardisieren.

Zu den MIOs zählen bisher:

  • Mutterpass
  • Impfpass
  • U-Heft
  • Zahnärztliches Bonusheft

WANDAs sind elektronische Anwendungen, welche Einrichtungen, Organisationen oder Personen dabei unterstützen sollen ihre Aufgaben zu erfüllen. Dazu gehört beispielsweise die medizinische Versorgung, Rehabilitation oder Pflege der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Einige Dokumentationsservices wie das Anlegen oder Aktualisieren des Notfalldatensatzes oder die Erstbefüllung der ePA lassen sich abrechnen. Genauere Informationen finden Sie in den Richtlinien zur Codierung und Abrechnung von digitalen Dokumentationsservices.

Bei Fragen zur Telematikinfrastruktur bei Vivantes wenden Sie sich gerne an telematikinfrastruktur@vivantes.de

Potentiale und Herausforderungen von Digital Health

Digitale Technologien können dabei helfen, die Herausforderungen der Gesundheitssysteme besser zu lösen. Es besteht ein immer größer werdender Behandlungsbedarf von älteren und chronisch erkrankten Menschen, teure medizinische Innovationen müssen finanziert und strukturschwache ländliche Gebiete medizinisch versorgt werden. Hier ist eine Sicherstellung der flächendeckenden, qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung sowie die Kontinuität der Gesundheitsversorgung durch Digital Health von großer Bedeutung.

Die Einführung von Digital Health ermöglicht Gesundheitsdienstleister*innen weiterhin den Zugang über die normalen Praxiszeiten hinaus bereitzustellen, reduziert die Reiselast der Patient*innen und hilft, dem Mangel von ärztlichen Fachpersonal entgegenzuwirken, insbesondere in ländlichen und anderen unterversorgten Bevölkerungsgebieten. Zudem können digitale Gesundheitsleistungen zu einer Steigerung des Selbstbewusstseins und der Eigenverantwortung der Bevölkerung beitragen. Hier stellen die Stärkung der Gesundheitskompetenz, die Verbesserung des Wohlbefindens und eine gesteigerte Zufriedenheit der Patient*innen relevante Vorteile der Leistungen dar.

Obwohl Digital Health viele Vorteile bringt, gibt es auch einige Hindernisse und Barrieren bei der Einführung neuer digitalen Gesundheitsleistungen, einschließlich uneinheitlicher Erstattungsmodelle, Herausforderungen bei der Lizenzierung sowie rechtliche und regulatorische Fragen. Zudem gibt es häufig Bedenken hinsichtlich Sicherheit, Datenschutz und Vertraulichkeit sowie fehlende Beweise über die Auswirkungen auf Gesundheitskosten, Nutzen oder die Ergebnisqualität oder eine sichere und effektive Versorgung. Eine weitere große Herausforderung ist die Sicherstellung der Stabilität der Internetverbindung sowie die Ausstattung mit Hard- und Software. Insgesamt kann die Implementierung neuer Technologien logistische und räumliche Herausforderungen mit sich bringen.

Grundsätzlich bieten digitale Gesundheitsleistungen dennoch ein großes Potential, die Versorgungsqualität zu verbessern, Prozesse im Gesundheitswesen zu optimieren und die Wirtschaftlichkeit dieser zu erhöhen.

Ländervergleich - Einsatz von Telemedizin in Deutschland und anderen europäischen Ländern

Die Notwendigkeit einer zunehmenden Etablierung von digitalen Gesundheitsleistungen in Deutschland wird nicht zuletzt darin begründet, dass andere europäische Länder bereits Wege gefunden haben, eine telemedizinische Versorgung in den Alltag zu integrieren.

In Deutschland ist der Einsatz von telemedizinischen Anwendungen seit 2018 gesetzlich erlaubt. Jedoch ist die Nutzung dieser digitalen Lösungen bislang beschränkt und findet häufig lediglich in Modellprojekten, jedoch nicht in der Regelversorgung, statt.
Im Vergleich dazu ist Telemedizin in anderen europäischen Ländern wie Estland, Dänemark oder den Niederlanden ein fester Bestandteil der Versorgungskonzepte im Gesundheitswesen. So bieten alle Krankenhäuser und ärztliche Praxen in den Niederlanden den Patient*innen verschiedene Dienste und Apps im Bereich der Fernüberwachung bzw. Telemonitoring an. In Estland beraten Ärzt*innen die behandelnden Personen bereits seit 2012  aus der Ferne über Videosprechstunden. Daneben werden auch E-Rezepte im baltischen Staat seit 2010 routiniert an Patient*innen ausgestellt.

Digital Health bei Vivantes

Die Vivantes Digital Health Strategie verfolgt einen nachhaltigen, langfristig orientierten und weitreichenden Ansatz, um die Qualität der Versorgungsleistungen weiter zu steigern und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. Im Zentrum der digitalen Transformation bei Vivantes steht die qualitative und ökonomische Verbesserung von Behandlungsprozessen für Patient*innen.

Das Ziel der Vivantes Digital Health Bestrebungen ist ein modernes, nachhaltiges und integriertes Versorgungssystem aufzustellen, welches Gesundheitsdienstleister*innen und Gesundheitsservices miteinander verbindet und dabei den Fokus auf Patient*innen legt.

Dieses Bestreben soll durch moderne Technologien, Werkzeuge und Informationen erreicht werden, die eine Versorgung von Patient*innen orts- und zeitunabhängig ermöglichen. Gesundes Leben soll im Kontinuum von Prävention, Prädikation, personalisierter, ambulanter sowie stationärer Akut- und Nachversorgung, häuslicher Pflege und Begleitung am Lebensende in Berlin ermöglicht werden.
Die digitale Vernetzung mit Patient*innen zur Unterstützung eines ganzheitlichen intersektoralen Behandlungsgeschehens schafft dabei wesentliche Voraussetzungen für Maßnahmen im Ziel- und Handlungsfeld der Patient*innenzentrierung.
Ferner bildet die Vermittlung digitaler Kompetenzen für Mitarbeiter*innen und Patient*innen den Ausgangspunkt für die Erschließung der Digitalisierungspotenziale und ist eine Investition in die Zukunft von Vivantes.

Ausblick in die Zukunft von Digital Health

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat die Bedeutung und Potenziale von Digital Health aufgezeigt. In einem zukunftsorientierten Gesundheitswesen dürfen digitale Gesundheitsleistungen, die eine Interaktion mit Patient*innen erfordern, nicht fehlen. Unter anderem Apps zur Diagnoseunterstützung, aber auch Videoassessment und –therapie sowie Virtual Reality werden die medizinische Versorgung zukünftig maßgeblich mitbestimmen und das Gesundheitssystem entlasten. Die verschiedenen Hürden wie der flächendeckende Breitbandausbau, die Erstattungsfähigkeit der Leistungen sowie eine funktionierende Telematikinfrastruktur sind als Basis für den erfolgreichen Einsatz digitaler Gesundheitsleistungen allerdings zu meistern. Jedoch können wir uns dann auf eine qualitativ hochwertigere Gesundheitsversorgung in Deutschland freuen.